31.10.06

[10] Der Katalane an sich

Der Katalane ist auf jeden Fall Iberer, das würde niemand bestreiten. Ob er jedoch Spanier ist, naja, ich würde dass nicht lauthals herausschreien. Natürlich besitzt er einen Spanischen Pass, aber als Spanier fühlt er sich nicht ganz wohl, lieber ist er doch einfach nur Katalane.

Katalanen sind anders, denn sie wurden unterdrückt. Nachdem Madrid Barcelona am Anfang des 18. Jahrhundert erobert hatte, und vor allem unter Franco ging es dem Katalanen nicht gut. Sie durften ihre Sprache (ja, es ist eine Sprache) nicht sprechen und hatten auch sonst nicht zu viel zu sagen. Dieses Opfergefühl ist ihnen geblieben, sie möchten auch gar nicht böser Herrscher sein.

Gerade weil sie schlecht behandelt wurden, wollen sie bei allen einen guten Eindruck machen. Das fängt bei der Stadtreinigung an, die 6 Mal am Tag ganz Barcelona herausputzt, und hört bei meinen freundlichen Mitstudenten auf, die mir jede Frage (egal wie dumm) hilfsbereit und freundlich auf Spanisch beantworten.

Aber ganz spurlos ist die Zeit der Unterdrückung nicht an ihnen vorbei gegangen. Wenn auch nicht verbittert oder traurig, so sind sie aber abwartend und zurückhaltend geworden. Meine Mitstudenten sind stets hilfsbereit, mich etwas gefragt (zum Beispiel wo ich herkomme) haben sie aber noch nicht. Sie bleiben gerne unter sich, was ich ihnen aber auch nicht verüblen kann, gibt es hier doch Horden von uninteressanten Erasmusstudenten.

Jeder Zurückhaltung legt der Katalane jedoch ab, wenn es um seine Identität oder um seinen Fußballclub geht. Letzte Woche musste erst wieder ein hochrangiger Spanischer Politiker und Polizeischutz aus einer Versammlung escotiert werden, da er etwas gegen die katalanische Sache gesagt hatte. Barca ist Kataloniens Nationalmannschaft, und nach der Niederlage letzte Woche gegen Real waren hier alle deprimiert, einschließlich mir.
Und kennt man sie ein bisschen besser, dann merkt man, dass sie doch Spanier sind, so laut und viel und hitzig wie sie sprechen.

Oft muss ich über den Katalanen lachen, wenn er wieder einmal auf die Straße geht um gegen die soziale Ungerechtigkeit zu demonstrieren („Wir werden niemals ein Haus in unserem Scheißleben haben“), oder wenn er die hier sehr beliebte VoKuHiLa-Frisur mit Rastas kreuzt und dazu noch das versiffte Ché-Hemd trägt. Der Katalane an sich macht gern stunk, denn es könnte ja schnell passieren, dass er wieder unterdrückt wird.

Der Katalane gefällt mir, einfach deswegen, weil er gleichzeitig natürlich und kompliziert ist. Man muss ihm Zeit und sich Mühe geben, wenn man ihn verstehen will. Der Weg dahin ist nicht kurz und auch nicht einfach, aber bisher macht er mir wahnsinnig Spaß und ich freue mich auf die restlichen 8 Monate.

[9] Hallo


Mal wieder ein Hallo aus Barcelona. Wie die Zeit doch vergeht. Mit der Uni ist auch wieder der Alltag hier bei mir eingekehrt. Die Kurse sind ganz okay, manchmal verstehe ich nicht alles (wegen der Sprache!) aber ich kann mich nicht beklagen.Ansonsten ist alles beim Alten: meine Argentinier sind gut drauf, die Leute aus der Uni sind auch noch in Ordnung, und die Horden von Touristen werden auch langsam weniger. Jaja, es wird wohl Winter…

5.10.06

[8] Die Uni beginnt

Diese Woche haben meine BWL-Kurse angefangen. Bisher habe ich Glück gehabt: alle meine Kurse sind in Spanisch (und nicht in Katalan).
Die Klassen sind hier viel kleiner (max. 50 Personen), daher ist der Unterricht intensiver als in Mannheim. Obwohl die Professoren spanisch sprechen, kann ich nicht wirklich alles verstehen. Aber ich glaube, dass ich mich schnell an die Sprache gewöhnen werde. Leider habe ich Montag bis Mittwoch um 9 Uhr Uni, dass heißt ich muss um 7:30 aufstehen, was mir gar nicht gefällt, da ich mich doch sehr gut an den spanischen Tagesrythmus gewöhnt habe ;)

[7] Montserrat

Am letzten Sonntag war es mal wieder Zeit für einen Ausflug. Dieses Mal sind wir zu einem der Wahrzeichen Kataloniens gefahren, dem Kloster Montserrat. Montserrat liegt 30 km außerhalb Barcelonas und war während des Bürgerkriegs und vor allem danach ein Symbol des Widerstandes gegen Franco. Früh ging verließen wir Barcelona mit dem Zug, im Gepäck hatten wir ausreichend Nahrung für einen Wandertag. Vom Fuß des Berges machten wir uns auf den Weg. Bei herrlichem Sonnenschein und angenehmen Temperaturen erklommen wir den steilen Anstieg. Es floss viel Schweiß, aber die einzigartigen Steinfelsen und der schöne Ausblick erleichterte das Wandern. Auf unserem Weg trafen wir nur wenig Leute, und ich hatte das Gefühl wir wären die einzigen, die das Heiligtum besichtigen würden. Aber als wir uns dem Kloster näherten wurde es immer lauter, und als wir die letzten Stufen erklommen konnten wir auch schon Herscharen von Touristen sehen. Dort oben gab es sogar Boutiquen und zahlreiche Autos. Wir waren relativ enttäuscht von der Touristenversammlung und nach einem kurzen Picknick wanderten wir weiter bergauf, um dem Massentourismus zu entfliehen. Ich hatte nicht einmal für einen kurzen Augenblick das Heiligtum Kataloniens angeschaut, es war einfach zu touristisch. Aber der weitere Weg entschädigte für vieles: eine wunderbare Aussicht, kaum Menschen und eine einzigartige Natur. Wir tranken Mate, genossen den Ausblick und machten uns dann auf den Rückweg, diesmal benutzen wir aber die Seilbahn (in den 30er Jahren von einer deutschen Firma gebaut!).Alles in allem war es ein sehr schöner Wandertag, und auch die vielen Touristen konnten das Bild nicht nachhaltig trüben.

Ich hoffe die Bilder können euch diesen einzigartigen Ort ein wenig näher bringen.